Medizin | Gesundheit
Zahnpflegetipps vom Experten: Damit Kinder gut Lachen haben
Interview mit Zahnärztin Karin Krämer
Titelbild © Canva | happybabyness.com
INTERVIEW MIT ZAHNÄRZTIN KARIN KRAEMER
Karin (29) ist Mutter einer 2-jährigen Tochter. Die Zahnarzttochter begann bereits mit 14 Jahren in der elterlichen Praxis mitzuhelfen und entwickelte dabei eine große Leidenschaft für den Beruf ihres Vaters, so dass sie mittlerweile selbst approbierte Zahnärztin ist. Wir haben uns mit ihr über den Durchbruch der ersten Zähne unterhalten und einige nützliche Tipps zur Schmerzlinderung, der Reinigung und den ersten Zahnarztbesuch bekommen.
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DER ERSTE ZAHN
Es gibt wohl keine Entwicklungsstufe, die von Eltern so sehr gefürchtet wird wie das Zahnen. Ab wann kann man in etwa mit dem ersten Zahn rechnen und wie lange dauert es, bis das Gebiss vollständig ist?
Der grobe Zahnungszeitraum liegt zwischen dem 6. Lebensmonat und einem Alter von zweieinhalb Jahren. Da sich Kinder aber alle unterschiedlich entwickeln, kann man keine Verallgemeinerung treffen. So gibt es Fälle, in denen der erste Zahn erst mit 14 Monaten durchbricht, während andere ihn bereits mit 4 Monaten haben. Die Frage welche Zähne wir bekommen (z.B. Weisheitszähne) und wann ist bereits in unserer Genetik angelegt, so dass es keinen Anlass zur Sorge, wenn es mal etwas länger dauert.
Woran erkennt man denn, dass es mit dem Zahnen los geht?
Es gibt ein paar klassische Symptome die für den Zahneinschuss sprechen: gerötete Wangen, vermehrtes Sabbern, leichte Temperatur oder weicher Stuhl. VORSICHT ist jedoch geboten, wenn das Kind über mehrere Tage hohes Fieber und/oder Durchfall hat. Das könnte auf einen versteckten Infekt hindeuten, weshalb die Eltern unbedingt den Kinderarzt aufsuchen sollten.
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Tipps für das Zahnen
Diese Tipps können Dein Kind beim Zahnen unterstützen:
TRINKEN
Das unkomplizierteste Hilfsmittel ist das Stillen oder das Verabreichen von etwas kühlem Kamillentee. Letzterer sollte allerdings aus der Apotheke sein, da dieser mehr Blüten enthält als handelsübliche Teebeutel.
BEISSEN
Biete Deinem Kind gekühlte Dinge an, auf denen es herum beißen kann. Gut geeignet sind Gemüse (z.B. Tomate), Obst (z.B. Apfel, Pfirsich) oder ein nasser Waschlappen. Aber auch eine Veilchenwurzel wirkt schmerzstillend. Behalte aber im Hinterkopf, dass sich bei diesem Naturprodukt Holzsspiltter lösen können (Verschluckungsgefahr!) und sich auf nassem Holz gerne Bakterien ansiedeln, weshalb die Wurzel nach der Anwendung kurz ausgekocht werden sollte.
VORSICHT jedoch bei Beißringen! Diese enthalten oft Chemikalien, die über den Ring oder die darin enthaltene Flüssigkeit in den Kindermund geraten können. Hier solltest Du genau auf die Inhaltsstoffe achten.
NÄHE
Durch Körpernähe (z.B. stillen, halten, kuscheln, streicheln) werden bei Deinem Kind Glückshormone ausgeschüttet, die eine schmerzlindernde Wirkung haben. Ein besondere Form der Nähe ist die Känguruh-Methode, die oft bei Frühchen angewendet wird. Dabei legst Du Dir das nackte Kind auf die nackte Brust (Bauch an Bauch) und spendest ihm so Körperwärme. Allerdings wird diese Methode nicht von jedem Kind als angenehm empfunden, weshalb Du es nie dazu nötigen solltest.
MASSAGE
Massiere das Zahnfleisch Deines Kindes um den Juckreiz zu lindern. Gute Hilfsmittel hierfür sind z.B. ein Fingerling oder auch eine Kinderzahnbürste.
MEDIKAMENTE
Bei starken Beschwerden kann Dein Kinderarzt Fieber- und Zahnungszäpfchen (z.B. von Weleda) oder eine homöopathische Salbe (z.B. Kamistad) oder Globuli (z.B. Chamomilla, Osanit) empfehlen. Achte jedoch bei allen Salben und Gelen auf die Inhaltsstoffe. Einige fördern die Bildung von Karies, da sie sehr viel Zucker enthalten (z.B Dentinox) oder enthalten neben Alkohol auch das Betäubungsmittel Lidocain. Hier gilt: “Finger weg!”
Wenn keine der hier genannten Methoden hilft – und auch nur dann – kann in letzter Instanz ein Schmerzmittel wie Paracetamol verabreicht werden. Dies sollte jedoch nie leichtfertig geschehen und im Idealfall in Rücksprache mit dem Kinderarzt erfolgen.
Milchzähne – Schon gewusst…?
- Die Milchzähne haben eine Platzhalterfunktion für die späteren Zähne. Sie schaffen den Platz für die Zweiten und trainieren den Kiefer, damit sich dieser weiten kann.
- Ohne Milchzähne können Kinder bestimmte Laute (/f/ und /s/) nicht formen, weshalb sie anfangen zu Lispeln, wenn diese ausfallen.
- Wenn ein Milchzahn von Karies befallen ist, kann er den darunterliegenden Zahn beschädigen, so dass dieser erkrankt noch bevor er zu sehen ist. Die gute Pflege der Ersten ist daher unabdingbar!
GEPUTZT WIRD AB DEM 1. ZAHN
Beim Zähneputzen sind sich die Mediziner einig: “Geputzt wird ab dem ersten Zahn!” Dabei sollten Kinder zunächst einmal täglich putzen und ab dem 2. Geburtstag zweimal täglich. Dabei reicht es übrigens einen hauchdünnen Film Zahngel auf die Zahnbürste aufzutragen (nicht “erbsengroß” wie auf den meisten Packungsbeilagen beschrieben), da die Kinder die Zahnpasta schlucken und nicht ausspucken.
Hinsichtlich des Zähneputzens gibt es zwei verschiedene Ansätze:
- Wird das Kind mit Fluoridtabletten (z.B. D-Fluoretten, einem Kombipräparat aus Vitamin D und Fluorid) versorgt, sollte auf eine fluoridfreie Zahnpasta zurückgegriffen werden.
- Beim Putzen mit fluoridhaltigen Zahnpasten kann das einmassierte Fluorid seine kariesprotektive Wirkung direkt an den Zähnen entfalten. In diesem Fall sollte man von Fluoridtabletten absehen.
Obwohl Kinderärzte bereits im Säuglingsalter gerne Fluoridtabletten verschreiben, empfehle ich meinen Patienten immer die zweite Variante. Denn wenn das Fluorid in Tablettenform eingenommen wird, hat es nur eine sehr kurze Einwirkdauer an den Zähnen, kann aber systemisch auf den Körper wirken und sich beispielsweise in den Knochen einlagern. Die Wirkung von Fluorid in der Zahnpasta wirkt hingegen nachweislich gegen Karies und wird eben da aufgetragen wo es benötigt wird: an den Zähnen.
TIPPS FÜR DAS ZÄHNEPUTZEN
Diese Tipps helfen Dir Deinem Kind das Zähneputzen beizubringen:
- Bei sehr kleinen Kindern bietet sich zu Beginn das Putzen mit einem Fingerling an.
- Lass Dein Kind zusehen, wenn Du Dir selbst die Zähne putzt, das lädt zur Nachahmung ein und zeigt, dass es sich um einen natürlichen Prozess handelt.
- Biete Deinem Kind zwischendurch eine Zahnbürste zum Spielen an (unter Aufsicht!), so verliert es die erste Scheu vor dem noch fremden Gegenstand.
- Lob Dein Kind großzügig nach jedem Zähneputzen, so verbindet es die Mundhygiene mit etwas Positivem.
- Für Kinder gibt es spezielle Elektrische Zahnbürsten. Sie können aber auch die für Erwachsene mit einem sensitiven Aufsatz benutzen.
BESUCH BEIM ZAHNARZT
Früh übt sich also. Ab wann sollte man denn den Putzfortschritt vom Zahnarzt kontrollieren lassen?
Der erste Besuch in der Zahnarztpraxis sollte so früh wie möglich erfolgen. Natürlich kann ich als Zahnarzt anfangs noch nicht viel sehen oder behandeln, aber darum geht es auch nicht. Für uns ist es viel wichtiger, dass die Kinder ein gutes Verhältnis zu uns aufbauen können und uns nicht zum ersten Mal sehen, wenn sie Schmerzen haben. Wer will sich schon von einem völlig Fremden in den Mund sehen lassen wenn der ohnehin schon weh tut?
Wir sind daher bemüht, den ersten Zahnarztkontakt spielerisch zu gestalten, lassen das Kind auf dem Behandlungsstuhl Platz nehmen, schauen ihm probehalber in den Mund und loben es ausführlich. Zum Schluss gibt es noch eine kleine Belohnung obendrauf und schon ist die Zahnarztpraxis ein Ort, an dem man sich wohl fühlt. So werden die halbjährlichen Kontrollen ab dem 2. Lebensjahr geradzu zum Kinderspiel.
TIPPS FÜR DEN ZAHNARZTBESUCH
Diese Tipps helfen Dir Dein Kind an den Zahnarzt zu gewöhnen:
- Nimm Dein Kind mit, wenn Du selbst einen Kontrolltermin oder eine kurze (!) Zahnbehandlung hast, so sieht es wie Du den Mund öffnest ohne dass etwas Schlimmes passiert. Je nachdem wie aktiv Dein Kind ist, wäre es ratsam eine Begleitperson mitzubringen, meistens bietet sich aber auch eine nette Zahnarzthelferin an.
- Spiel “Zahnarzt” mit Deinem Kind und übe mit ihm auf Kommando den Mund zu öffnen und die Zähne zu zeigen. So kann der Arzt das Spiel in der Praxis aufgreifen und die Kontrolle kurz und schmerzlos durchführen.
- Lob Dein Kind großzügig nach jedem Zahnarztbesuch, so verbindet es den Praxisbesuch mit etwas Positivem.
DAS SCHNULLER-PROBLEM
Zum Schluss noch eine Frage, die reichlich diskutiert wird: Stimmt es dass ein Schnuller die Zähne schädigt?
Das ist so nicht ganz richtig. Bei der Entwicklung des Kiefers spielt die Zunge eine wichtige Rolle. Diese liegt im Ruhezustand am oberen Gaumen an und übt einen kontinuierlichen Druck auf den Oberkiefer aus. Dadurch wird der Kiefer, der von Geburt an eher steil ist, verbreitert und Platz für die Zähne entsteht.
Aus diesem Grund raten wir DRINGEND dazu Kindern den Schnuller zum 2. Geburtstag hin abzugewöhnen, da die Zunge sonst diesen und nicht den Gaumen bearbeitet. Als Folge davon können Zähne an der falschen Stelle durchbrechen, weil ihnen der nötige Platz fehlt, oder sich sogar der Oberkiefer zurück entwickeln, da er zu wenig beansprucht wird. Diese GEFAHR sollte man auf keinen Fall unterschätzen!
TIPPS FÜR DIE SCHNULLER ENTWÖHNUNG
Diese Tipps helfen Dir Deinem Kind den Schnuller abzunehmen:
- Kinder im Alter von 2 Jahren sind empfänglich für “logische” Argumente. Lass Dein Kind die Entscheidung den Schnuller zu entsorgen daher bewusst mittragen. Je nach Jahreszeit bietet es sich vielleicht an den Schnuller gegen ein Geschenk vom Osterhasen bzw. Nikolaus zu “tauschen”, oder ihn einem Kind in Afrika zu “spenden”.
- Belohne Dein Kind, indem Du ihm ein kleines Geschenk (z.B. Stofftier) als Ersatz für den Schnuller anbietest.
- Die Schnuller Entwöhnung dauert erfahrungsgemäß 3 Tage bzw. Nächte. Lass Dich also nicht unterkriegen falls es sich schwierig gestaltet, atme tief durch und zähl rückwärts.
Die Autoren
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