Nachhaltigkeit

Wickeln ist Liebe, aber auch viel Müll!

Gastbeitrag mit Leserin Denise W.

Titelbild © Canva

INTERVIEW MIT STOFFWINDEL-WICKLERIN DENISE W.

Denise W. (27) ist Mutter einer 8 Monate alten Tochter. Die Mama in Elternzeit lebt mit ihrer Familie auf einem 4 Generationen Hof in der Feldmark. Obwohl sie sich selbst nie für besonders “okölogisch oder nachhaltig” hielt, greift Denise seit geraumer Zeit zu Stoffwindeln. Uns hat die charmante Northeimerin erzählt, wie sie dazu kam und welche Erfahrungen sie mit der Wickelmethode “aus dem letzen Jahrhundert” gemacht hat.  

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VON WUNDEN ZUM WICKELN

Auf Instagram outest Du Dich als bekennende “Stoffwindel Wicklerin”. Wie kamst Du dazu?

Angefangen hat alles damit, dass unser Schneckchen ständig wund war, weil sie keine Wegwerfwindeln verträgt. Und wenn ich sage “keine”, dann meine ich tatsächlich keine! Wir haben alle Marken durchgetestet, aber es dauerte nicht lange und die Kleine wurde wieder wund. Also stapelten sich auf unserem Wickeltisch zahlreiche Marken, verschiedene Öle und jede Menge Wundschutzcremes, doch nichts half und das Wechseln der Windeln wurde zur Qual…

Bilder © Canva

TROCKENER PO — ZUFRIEDENES KIND

Demnach war Eure Entscheidung für die Stoffwindeln keine persönliche Vorliebe, sondern vielmehr eine Art “medizinische Notwendigkeit”?

Natürlich hatte ich bereits etwas von Stoffwindeln gehört und bewunderte die Eltern, die ihre Kinder damit wickelten, aber ich selber? Nun hatte ich aber das Glück jemanden kennen zu lernen, der mit Stoff wickelte und uns einige Modelle zum Probieren gab… und siehe da — vom Wundsein war weit und breit keine Spur mehr!

WENIGER MÜLL

Das war aber nicht das Einzige, was mit der Umstellung verschwand…

Stimmt, denn mit dem Wechsel fehlte auch von unserem Windelmüll jegliche Spur. Wieviel das war und wieviel Abfall wir in dieser Zeit produzierten, merkte ich erst, als er nicht mehr da war. Dementsprechend war für uns schnell kar, dass wir auf Stoffwindeln umsteigen.

Nun ist der ökologische Aspekt aber für gewöhnlich nicht das Erste, was einem in den Sinn kommt, wenn es ums Wickeln geht… Was hat Dich überzeugt?

Ich muss zugeben, dass ich mir während unserer Zeit mit Wegwerfwindeln auch keine Gedanken darüber gemacht habe. Zumal ich immer dachte, dass ich der Umwelt auf andere Weise etwas zurück gebe. Und das, obwohl wir soviel Abfall produzieren, dass wir manchmal sogar eine “Müll-Marke” beim Landkreis kaufen mussten, weil wir mit insgesamt 9 weiteren Hofbewohnern nicht mit einer Mülltone auskamen.

EINE RECHNUNG DIE AUCH FINANZIELL AUFGEHT

Besonders interessant fand ich in diesem Zusammenhang Deine Aufrechnung über den durchschnittlichen Windelkonsum einer Familie.

Nachdem die Stoffwindeln  bei uns ein- und der Windelmüll ausgezogen ist, wurde mir erstmals bewusst, was das heißt:

  • Wir haben unser Schneckchen im Schnitt 7 Mal pro Tag gewickelt, das entspricht 49 Windeln in der Woche, 196 Windeln im Monat und 2.352 Windeln im Jahr.
  • Oft kauft man dann einen Sparpack Windeln mit 100 Stück, was pro Jahr rund 24 Kartons ergibt.
  • Bedenkt man, dass ein Kind erst mit 2 ½ Jahren ansatzweise “trocken” wird, sind das 5.880 Windeln, knapp 60  Kartons zu 100 Windeln, oder ganz einfach: eine Menge Müll! 

Stoffwindeln hingegen sind nicht nur umweltschonend, sondern können aufgrund ihrer Langlebigkeit auch an andere Kinder oder Geschwister weitervererbt werden.

Daraus ergeben sich für eine Wickelzeit von 2½ Jahren zwischen 20–30 Stoffwindeln (je nachdem für welches System man sich entscheidet), die man mit gutem Gewissen waschen, trocknen und wiederverwenden kann, ohne dass sie wie 6.000 andere Wegwerfwindeln im Müll landen.

GANZ SO EINFACH IST ES DANN DOCH NICHT

Das klingt nicht nur logisch sondern auch unglaublich lobenswert. Wieso entscheiden sich aber nicht mehr Eltern für Stoffwindeln? Gibt es vielleicht einen versteckten Haken?

Eigentlich sehe ich nur Vorteile, wenn es um die Verwendung von Stoffwindeln geht. Allerdings mussten wir schon einige Stolpersteine überwinden, ehe wir uns im Stoffwindel-Dschungel zurecht fanden:

  • Nachdem wir anfangs nur wenige Windeln zum testen hatten und diese ständig ausliefen, war schnell klar, dass diese nicht zu unserem Schneckchen passten. So kauften wir eigene Stoffwindeln, die vernünftig saßen, keine Abdrücke hinterließen und somit auch nicht mehr ausliefen.
  • Auch brauchten wir eine viel größere Anzahl an Windeln, um überhaupt richtig ins Wickeln zu kommen.
  • Dazu gestaltet es sich schwierig sich mittels Fachliteratur schlau zu lesen, da mir hier nur Begriffe wie “Prefold”, “Pocketwindeln”, “AiO” oder “Überhosen” entgegenflogen.
  • Außerdem fand ich es komisch, eine volle Windeln mit nach Hause zu nehmen, während andere Eltern ihre einfach in den Müll warfen.

Zugegeben, anfangs vom ständigen Auslaufen der Windeln genervt und von der Frage, welches Modell genau zu uns passt überfordert, hätten wir wahrscheinlich aufgegeben, wäre da nicht der gesundheitliche Aspekt gewesen. Glücklicherweise hatten wir aber ein Stoffwindelgeschäft, das uns gut beraten hat.

Hat sich das Dranbleiben gelohnt?

Allerdings, denn meine Motivation weiter zu machen war nicht nur dem medzinischen Aspekt geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass ich mich definitiv vom Windelmüll trennen wollte! Und es eröffneten sich noch weitere Vorteile:

  • Ich kann mir die “Materialien” aussuchen, die an die Haut meines Kindes kommen.
  • Wir brauchen keine Wundschutzcremes mehr, da der Windelbereich nun immer trocken ist.
  • Und unser Schneckchen ist nicht mehr wund, wodurch sie auch keine Schmerzen mehr hat.

Außerdem nehme ich mein Kind mittlerweile ganz anders wahr. Denn während ich anfangs von einer ausgelaufenen Windel nur genervt war, sehe ich dies im Nachhinein als Vorteil. Jetzt kenne ich mein Kind und seine Ausscheidungen und weiß, zu welchen Zeiten sie ihr “Geschäft” verrichtet oder wie viel sie uriniert. Dementsprechend kann ich darauf eingehen und die Windel gegebenenfalls boosten.

REAKTIONEN & TIPPS

Nun zählst Du mittlerweile selbst zu jenen Eltern, die Du anfangs für ihre Wickelmethode bewundert hast. Wie reagieren andere Mütter und Väter heute auf Dich und Deine Stoffwindeln?

Tatsächlich ganz unterschiedlich, auch wenn es nicht besonders häufig ein Gesprächsthema ist. Mein Kind trägt meistens einen Body und eine Hose, so dass man die Stoffwindel  gar nicht sieht. Wobei das eigentlich schade ist, weil sie so ein wunderschönes Design haben.

Wenn es aber Thema ist, dann stoße ich auf 3 Eltern-Typen:

  • Diejenigen, die denken ich habe “einen an der Waffel” und lebe im letzten Jahrhundert
  • Eltern, die es super finden, dass ich “die Welt retten” will, es selbst aber in anderen Bereichen tun
  • Und zu guter Letzt: die Stoffwindel-Wickler.

Was möchtest Du diesen Gruppen abschließend mit auf den Weg geben?

Ich kann nur sagen, traut Euch mit Stoff zu wickeln, wenn Ihr daran Interesse habt und lasst Euch nicht von den scheinbar “hohen” Anschaffungskosten abschrecken! Diese fallen zwar alle auf einmal an, statt langsam dahinzukleckern wie Wegwerfwindeln, sind dafür aber einmalig. Wir für unseren Teil können jetzt jedenfalls komplett auf Wegwerfwindeln verzichten und das ist gut so.

Die Autoren

Redaktion

happybabyness.com

Denise W.

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