Entwicklung

Lauf Baby, Lauf!

Tipps für das Laufen Lernen

Titelbild © Canva | happybabyness.com

INTERVIEW MIT KINDERPHYSIOTHERAPEUTIN MAIKE

Maike (32) ist Mutter eines 8 Monate alten Sohnes und befindet sich aktuell in Elternzeit. Die gelernte Physiotherapeutin spezialisiert sich seit 8 Jahren auf den Bereich Pädiatrie (= Kinderheilkunde) und ist seither in verschiedenen Praxen in Hamburg und München unterwegs. Wir haben uns mit der hilfsbereiten Neubloggerin über die ersten Schritte eines Kindes unterhalten und nachgefragt, wie man diese als Eltern am besten fördern kann.

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ERSTE SCHRITTE

Das “Laufen Lernen” zählt sicherlich zu den Entwicklungsstufen, denen Eltern am meisten entgegen fiebern. Ab wann kann man denn ungefähr damit rechnen, dass die Kleinen die ersten selbstständigen Schritte machen?

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Kinder zwischen dem 13. und 15. Lebensmonat frei laufen, sprich ohne Hilfsmittel stehen, los laufen und auch stoppen. Zuvor ziehen sie sich in den Stand hoch, laufen seitwärts an Gegenständen oder Wänden entlang und machen die sogenannte “Küstenschifffahrt” (wie man das Hin- und Hergehen zwischen zwei Möbelstücken bezeichnet), ehe die Schrittzahl langsam größer wird.

LAUFEN WILL GELERNT SEIN

Gerade in der ersten Zeit legen Laufanfänger einen ziemlichen Seegang an den Tag, der nicht selten in schmerzhaften Stürzen endet. Gibt es hier irgendwelche Tipps, wie Eltern die kleinen Matrosen sinnvoll unterstützen können?

Kinder lernen das Laufen von ganz allein und brauchen dafür keine Hilfsmittel, wie einen Lauflernwagen oder etwas vergleichbares. Sogar auf die gut gemeinten Hände sollte man verzichten, damit das Kind sich in Sachen Gleichgewicht ausprobieren kann

Bilder © Canva | happybabyness.com

Warum genau sollten Eltern die Finger von Trainingsgeräten lassen? Der Markt ist doch voll von bunten Fahrzeugen, die schnelle Ergebnisse versprechen…

Durch diese sogenannten Hilfsmittel werden Eltern dazu verleitet der physiologischen Entwicklung ihres Kindes vorzugreifen und es viel zu früh hinzustellen. Dadurch können jedoch unter anderem schwerwiegende Gelenkschäden verursacht werden, weshalb ich von der Verwendung eines Jumpers  oder Gehfreis  abrate.

Ein anderer wichtiger Aspekt ist die ERHÖHTE UNFALLGEFAHR, die solche Gerätschaften mit sich bringen. Denn nicht selten wird deren Geschwindigkeit unterschätzt und Gefahren wie Treppen oder gar Teiche völlig außer Acht gelassen.

VORSICHT VOR FALSCHER HILFESTELLUNG

Und wie sieht es mit den Händen aus? Schadet man damit eventuell nicht nur dem eigenen Rücken sondern vielleicht sogar der Gesundheit des Kindes?

Keine Sorge, von der schlechten Haltung, die man selbst dabei einnimmt mal abgesehen, ist die helfende Hand der Eltern nicht schädlich. Man sollte jedoch darauf achten, die Hände möglichst auf Schulterhöhe des Kindes zu reichen, damit ein Reinhängen seinerseits nicht möglich ist.

Noch besser wäre es allerdings die kleinen Läufer direkt am Rumpf zu führen ohne sie festzuhalten. Dies sind jedoch beides Methoden, die für den elterlichen Rücken eher unbequem sind, weshalb ich davon abrate, zumal ein Kind die Hilfe der Erwachsenen ohnehin nur dann einfordert, wenn es diese bereits zu einem früheren Zeitpunkt angeboten bekommen hat.

FUSSSOHLE VERSUS SCHUHSOHLE

Kommen wir von den Händen zu den Füßen: Wie wir in unserem Blogartikel LAUFEN LERNEN — KINDERFUSSMODE IM VERGLEICH berichtet haben, raten viele Orthopäden und Kinderärzte dazu, so lange wie möglich auf festes Schuhwerk zu verzichten. Woran liegt das?

Kinder lernen das Laufen am Besten, wenn sie eine möglichst detaillierte Wahrnehmung von verschiedenen Untergründen erleben. Das heißt im Klartext, dass barfuß laufen anfangs optimal ist. Je länger ein Kind ohne Schuhe läuft, desto unverfälschter sind die Informationen, die es über das Gehen erfühlt. Dabei wird nicht nur die Wahrnehmung der unterschiedlichen Fußböden unterstützt, sondern auch das Gleichgewicht gefördert und die Fußmuskulatur trainiert. Dies sind wichtige Grundlagen für ein physiologisches Gangbild.

Das mit dem Barfuß-Laufen klingt schön und gut, in der Praxis ist das aber eher schwieriger umzusetzen…

Anfangs läuft ein Kind vermutlich nur in Innenräumen, da kann man bei Fußkälte Lederpuschen anziehen, die nicht nur wärmen, sondern auch das Ausrutschen verhindern. ABS-Socken sind hingegen bei den ersten freien Gehversuchen nicht mehr ausreichend, da sie meist an den notwendigen Stellen (vorne an den Zehen & hinten an der Ferse) keine Anti-Rutsch-Noppen haben.

Sobald es nach Draußen geht, sollten Eltern entweder Thermoüberschuhe für die Lederpuschen oder Lammfellsohlen für die Schühchen besorgen. Erst wenn das Kind mehrere Meter frei läuft und nicht mehr ständig im Wagen geschoben wird, ist es sinnvoll sich nach passenden, funktionellen Schuhen umzusehen.

DAS RICHTIGE SCHUHWERK

Worauf sollten Eltern beim Kauf der ersten Schuhe besonders achten?

Grundsätzlich sollte der perfekte Schuh 3 Kriterien erfüllen:

  • die Sohle sollte flexibel, beweglich und weich sein
  • das Obermaterial sollte flexibel und möglichst atmungsaktiv sein
  • die Schuhe sollten den Knöchel umfassen um ausreichend Stabilität zu gewährleisten

Und wie sieht es mit der Schuhgröße aus?

Ein Laufanfänger-Fuß wächst anfangs sehr schnell, da dieser durch den neuen Druck und Zug einen Wachstums-Impuls erhält. Man sollte sich daher nicht wundern, wenn die Kinder Lauflernschuhe  sehr schnell zu klein erscheinen. Um Fehlstellungen und Verformungen zu vermeiden, sollten daher vor allem bei Laufanfängern die Füße alle 8 bis 12 Wochen ausgemessen werden. Tatsächlich brauchen die Kleinen zu Beginn wirklich häufig neue Schuhe, dies müssen jedoch nicht immer die teuersten sein — hauptsache sie erfüllen die vorher genannten Kriterien.

Wie man die Schuhgröße eines Kindes mit Hilfe einer Schablone vermisst, haben wir bereits in unserem HOBEA PRODUKTTEST erklärt. Warum ist diese Methode besser als die “Daumenprobe”, die man vielleicht noch aus seiner eigenen Kindheit kennt?

Das beliebte Fühlen ob noch Platz ist vorne am Kinderschuh halte ich für fragwürdig, da viele Kinder dabei automatisch die Zehen einkrallen, wodurch der Test seine Aussagekraft verliert. Stattdessen begünstigt diese Methode, dass immerhin 2/3 aller Kinder zu kleine Schuhe tragen.

Gibt es noch weiter Dinge die man vermeiden sollte?

Ja, auf ein Fußbett im Schuh sollten Eltern auch verzichten, da sich die Füße muskulär erst ausbilden müssen. Außerdem sollte man möglichst keine gebrauchten Schuhe kaufen, da sich der individuelle Fuß in den Schuh „einarbeitet“. Ein Kinderfuß ist erst mit circa 3 Jahren aufgerichtet, also in seiner natürlichen Form ausgebildet, und sollte bis dahin keinerlei Fehlimpulse bekommen.

Die Autoren

Redaktion

happybabyness.com

Maike

@kinderphysiotherapiemaike

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